Bach trifft Jazz

Sonntag, 8. September 2024 17 Uhr Evangelische Kirche | MG-Odenkirchen

BACH trifft JAZZ

… dieser Titel hat es geschafft. Im Gespräch waren auch „Bach und Jazz“, „Bach meets Jazz“,  „Bach/Jazz“ und damit die Fragen: Stehen die Genres nebeneinander, sind sie verwoben, gleichwertig, fremd, ergänzend, bereichernd, kontrovers? 

Stephanie Borkenfeld-Müllers und das Adrian Wachowiak Trio haben für heute ein Treffen verabredet und wir alle sind gespannt, was es zu sehen, zu hören, zu erleben gibt.

Ernste Musik – Unterhaltungsmusik, diese beiden Gattungen durchzogen – immer auch in unterschiedlichen Gestaltungsformen, das Musikleben in Europa. Während in den Bürgerhäusern brav am Fortepiano musiziert wurde, wurde Tanzmusik, Operette, Cabaret, Volksmusik in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen praktiziert.

Noch ahnte man nichts von der „schmutzigen“ Musik, die sich jenseits des Atlantiks Gehör verschaffte.

Die Sklavenpolitik der Amerikaner zog es nach sich, dass sich in den amerikanischen Südstaaten Musik entwickelte, die u.a. durch afrikanische Einflüsse geprägt war und Anfang des 20.Jahrhunderts dann auch -ganz leise- in Europa zu hören war.

Parallel dazu kamen die ersten Jazzbands von New Orleans/ Mississippi in New York an und überquerten den Atlantik.

Die melancholischen Bluesrhythmen der entwurzelten Arbeiter waren den Europäern aber ebenso fremd wie das Aussehen der Musiker.

Während hier weiterhin der Schwerpunkt auf der Reproduktion und der Weiterentwicklung klassischer Musikwerke lag, boten die Jazzer an, Musik und Rhythmen im Moment entstehen zu lassen. Notenschriften waren eher ungewöhnlich, Freud, Leid und Lebensgefühl waren die Taktgeber. Dazu gesellte sich die Fähigkeit, musikalisches Können genau anzuhören, es zu kopieren, davon zu lernen und es weiterzuentwickeln.  (Übrigens Arbeitsweisen, die Johann Sebastian Bach durchaus auch geläufig waren).

In den 30er Jahre näherten sich dann auch weiße Musiker dem Genre und verschafften ihm damit größere Popularität. Wieder gab es Veränderungen. Tanzbare Musik war genau das, was sich die Gesellschaft in den durch die Weltwirtschaftskrise belasteten Zeiten wünschte. Swing war angesagt. Benny Goodman, Cole Porter, Glenn Miller, nur einige von vielen, die Leichtigkeit ins Musikleben brachten, während die Marschmusik andererseits immer lauter wurde.

Das Naziregime griff auch hier mit Gewalt und Verboten ins Geschehen ein. Ausrichten konnten sie nicht viel, denn Tanzen und Singen war einer der Überlebensmechanismen und so entstanden gerade während des Naziterrors besonders viele Tonträgeraufnahmen.

Mühsam erholte sich die Europäische Kultur von den diskriminierenden Begrifflichkeiten wie „Negermusik“.

Während der Jazz immer mehr Einflüssen ausgesetzt war und sich entsprechend weiterentwickelte, Elvis Presley und Bill Haley  bereits mit einem neuen Teil Musikgeschichte den Markt fluteten, studierte der Franzose Jacques Loussier inbrünstig, fleißig und voller Ehrfurcht die Musik Johann Sebastian Bachs.

1959 erklang das kleine Präludium C-Dur von J.S. Bach liebreizend interpretiert auf dem Klavier, begleitet von einer freundlichen Kontrabassfigur und plötzlich- wie aus dem Zauberstab einer guten Fee-  der erste Beckengroove …. eine himmlische Verheißung.

Jacques Loussier und sein Trio hatten es geschafft, die gestrengen Musikliebhaber mitzunehmen auf eine Reise, die bis heute kein Ende genommen hat. Ja, man durfte die Bach`sche Musik verwenden, man durfte sie mitnehmen in moderne Zeiten, man durfte ihr einen anderen Sound, eine erweiterte Rhythmik verleihen. „Der erste Jazzmusiker der Welt ist Johann Sebastian Bach gewesen“  (Zit. J. Loussier). Das lässt sich in der Harmonielehre belegen. Loussier blieb nicht der Einzige. Die Swingle Singers, ein amerikanisches a capella- Oktett veröffentlichte 1963 Bach`s Greatest Hits, 1967 kam „The Nice“ auf den Markt (Keith Emerson, Keyboard) und entführte die Brandenburgischen Konzerte in die Rockmusik,  Ekseption (eine holländische Band mit Rick van der Linden am Piano) veröffentlichte 1975 Ekseption Plays Bach, unvergessen 1981 Ian Anderson (Jethro Tull, Flöte) , der auf einem Bein stehend die Bachbouree aus der Lautensuite BWV 996  zum Besten gab… die Liste ist sehr sehr lang geworden, und sie wächst weiter.

„Die Grenzen in der Musik zu erweitern ist ein spannender Gedanke, und so habe ich Jazzmusiker angesprochen, ob sie sich vorstellen können, Bachs Werke, die der Chor aufführen wird, zu interpretieren und diesen somit ein neues musikalisches Outfit zu verleihen“, so Chorleiterin Stephanie Borkenfeld-Müllers zum Grundgedanken des Konzertes. „Die Jazzer sollen sich aber auch gerne selbst auf Spurensuche begeben und sich auf vielfältige Weise den Kompositionen Johann Sebastian Bachs nähern. Der eigenen Experimentierfreude und Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt!“

Eingangschöre und Choräle aus verschiedenen Bach-Kantaten stehen einander gegenüber. Darunter auch der Choral ‚Jesu bleibet meine Freude‘ oder der berührende Eingangschor aus der Kantate BWV 180 ‚Schmücke dich, o liebe Seele‘.

Hören Sie heute den BachChor (Leitung: Stephanie Borkenfeld-Müller) und das Adrian Wachowiak Trio (Adrian Wachowiak, Piano, André Spajic, Drums, Walfried Böcker, Bass), alle in der festen Absicht, dem ersten Jazzmusiker aller Zeiten (Johann Sebastian Bach) und Ihnen natürlich, eine Freude zu bereiten.

Aus dem Konzertbegleitheft